Weingut Martin Schropp

Erlenbach-Binswangen war mir kein Begriff. Und ich wäre nicht dorthin, zum Weingut Martin Schropp, unterwegs, wenn ich nicht früher im Jahr auf der internationalen Weinmesse einen tollen Riesling probiert hätte … Während ich unerwartet ins Württembergische unterwegs bin, entstand der Riesling nicht zufällig …. Folgen wir seinem Weg in den heimatlichen Weinort des Heilbronner Landes. Hier ist neben seinem Vater Martin und dessen Frau Silke seit 1992 der Sohn Felix verantwortlich für die Weine des Familienbetriebs, in dritter Generation. Er hat nach der Berufsschule bei mehreren VDP-Ausbildungsbetrieben gelernt, unter anderem beim Bioweingut Schäfer Heinrich Dann, wieder heimgekehrt, hat er sich voll auf den eigenen Betrieb konzentriert.
Wir stehen vor dem Hof mit idyllischen blühenden Kirschbäumen und einem Feld mit sprießendem Gemüse, Erbsen vielleicht? Martin Schropp hat dahin noch nicht genau geschaut – drüben, um den Erlenbacher Kayberg, liegen seine 13 Hektar im Eigenerwerb. Also beginnen wir dort. Der Erlenbacher Kayberg umfasst 240 Hektar. Die Schropp’sche Rebfläche verteilt sich auf die Großlagen Erlenbacher Kayberg, Neckarsulmer Scheuerberg und Heilbronner Staufenberg. Die Weinberge sind zu 70% mit Rotweinreben bestockt und zu 30% mit Weißweinreben. Hauptrebsorten sind Riesling, Burgunder, Lemberger und ausgewählte Sorten wie Muskat-Trollinger oder pilzwiderstandsfähige Reben: Cabernet blanc oder Cabernet Mitos.
Die Bodenverhältnisse und auch das Mikroklima im weitläufigen Kayberg sind nicht einheitlich, und seit dem Weingesetz von 1971 ist die Angabe von den Katasterlagen verboten. Da der Winzer seine Lagenweine treffend benennen will, richtet er sich nach Charakter der Bodenbeschaffenheit, so bei den Rieslingen Blaumergel und Sandstein.
Der Weg des Weins beginnt im großen Zusammenhang, nämlich mit Blick auf die Umwelt. Nachhaltigkeit und Umweltschutz sind der Familie ein wichtiges Anliegen, das sie pragmatisch – und ja nicht ideologisch – verfolgt. Wo Wein in Monokultur wächst, leben Nützlinge und Schädlinge. Dieses biologische Gleichgewicht flexibel im Sinne aller zu fordern, ist eine große Herausforderung. Schropps verfolgen sie im Rahmen des integrierten Weinbaus und der Marschrichtung nachhaltiger Weinkultur. So ist Martin Schropp erfahren durch jahrelange Verkostungen bei professionellen Bioweinmessen und von der Qualität wie Machbarkeit biologischer Weine überzeugt. Daher versucht er immer bewusster, neben der Reifung und Gesundheit der Trauben auch eine Artenvielfalt im Weinberg zu schützen: durch die zusätzliche Begrünung sowie gezielte Weinbergsarbeiten, kurzen Rebschnitt und konsequente Traubenausdünnung. Die Monokultur der Rebstöcke wird mit der Begrünung nach der Wolff-Mischung ausgeglichen. Damit ist während der Vegetationszeit für ein hohes Blüten- und Pflanzenangebot gesorgt, was Nützlinge – wie Raubmilbe, Ohrwurm, Marienkäfer – fördert und den Einsatz von Pestiziden bestenfalls unnötig macht. Auch das gezielte Entblättern der Traubenzone beugt Pilzkrankheiten vor. Dadurch, dass im Frühjahr anfallendes Schnittholz in der Rebanlage belassen und zusammen mit dem anfallenden Grasschnitt in den natürlichen Nährstoffkreislauf zurückgeführt wird, ist eine Minimierung der Mineraldüngung möglich. Weniger ist mehr: Eine pflanzenschonende und mengenbegrenzende Behandlung während des Wachstums wie eine sorgfältige Auslese in der von Hand durchgeführten Weinlese sind eine Entscheidung, die sich im schmeckbaren Resultat misst – eine gute Belohnung für rücksichtsvolles Wirtschaften.
Das Gute bewahren – das Neue wagen: wo dieser Leitspruch das Weingut hinführen wird? Ich bin gespannt… Doch zunächst geht’s in den Keller und weiter mit der Arbeit…. Hier werden die Weine traditionell und/oder modern ausgebaut, in Holzfass, Barrique und Edelstahltank. Und in Ruhe. So wird den Mosten Zeit gegeben, sich selbst zu klären. Jungweine können sich entwickeln. Im Sinne eines konzentrierten Nichtstuns und im Bewusstsein: »Wein wird im Wingert gemacht«. Damit behalten und entfalten Weine ihre Individualität, die von der Bodenbeschaffenheit, der Rebsorte, den kleinklimatisch bedingten Unterschieden geprägt und vom Handwerk herausgearbeitet, geschliffen wird.
Für die Winzerfamilie ist Weinmachen verbunden mit Arbeit, Entscheidungen und unbedingt auch mit Begeisterung… Hobbys, Interessen? Als Gesprächsthema Fehlanzeige. Martin Schropp ist ein ruhiger Mensch, nicht leicht, ihn aus der Reserve zu locken … Bis ich sinniere, ob der echt gute Riesling Sandstein nachweisbar mit jenem Mineral zu verbinden sei …O je, ein Aufbrausen: »Da reiben sie aber mal den Finger an meine Hütte draußen!« Doch die Aufregung gehört wenig zu seinem Wesen. In der selbst restaurierten Jauchert-Hütte, eine alte Schutzhütte aus Sandstein, trinkt er nach der Arbeit sein Glas Wein, sein Ort für Ruhe und Freizeit …
Weintrinken oder dem Besonderen nachschmecken kann man auch vor Ort, im Besen, einer bodenständigen Weinwirtschaft nach regionaler Tradition, die zum Hof gehört. Hier sind auch unkomplizierte, fruchtbetonte Weine im Ausschank. Den Einstieg ins Sortiment bieten die Gutsweine und die poppig aufgemachte junge Linie – Lust am Neuen und der Versuch, Lust am Wein zu wecken. Dann geht’s weiter zu den rebsortenreinen Ortsweinen, in ordentlicher Qualität dank niedriger Erträge, stammend aus den guten Lagen im Kayberg und im Scheuerberg. Richtig spannend wird’s dann bei den Lagenweinen. Beste Trauben aus den besten Lagen sind wiederzuerkennen in kraftvollen Weinen, die teils spontanvergoren und von Maischestandzeiten geprägt sind – an sie erinnert sich, wer aufmerksam nachschmeckt. Nebenbei sind die Weine weniger bekannt, gottlob bezahl- und nicht allzu leicht vergleichbar.